Experten Blog – Im Gespräch mit dem Sport Sektionschef Philipp Trattner zur Rolle des Trainers in Österreich
Am Nachwuchskompetenzzentrum Tirol und deren Schulstandorten trainieren aktuell 238 Nachwuchsathleten aus 35 verschiedenen Sportarten. Aufgrund verschiedener Ausgangslagen sind die Sportarten unterschiedlich mit hauptamtlichen Trainern/innen ausgestattet. Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler setzt mit dem Gender Trainee Programm für Frauen im Trainerjob ab März 2021 ein Zeichen. Wir konnten zu diesem Thema und zur Rolle der Trainer im Österreichischen Sport, den Sport Sektionschef Philipp Trattner, LL.M., BSc, BSc ein paar Fragen stellen.
NLST: Wo steht der Tiroler Sport im österreichweiten Vergleich im Bereich der hauptamtlich angestellten Trainer? Trattner: Das Land Tirol ist ein sehr sportbegeistertes Land. Das Land selbst investiert viel in die Sportlandschaft vor Ort, das merkt man auch in der personellen Besetzung der Bundes- und Landesleistungszentren vor Ort. Trotzdem müssen alle mit helfen diese Strukturen weiter zu verbessern. Tirol ist österreichweit sicher im oberen Drittel dabei.
NLST: Ihre Aufgaben beim Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) sind vielfältig. Wie schätzen Sie den Stellenwert des Trainers im österreichischen Sport ein? Trattner: Das Berufsfeld Trainer müssen wir besser darstellen. Besonders die Anerkennung in unserer Gesellschaft ist nicht ausreichend. Wenn ich mich an meine Zeit als Trainer oder Funktionär beim Basketball- bzw. Rodelverband zurückerinnere, habe ich, nachdem ich erzählt habe, dass ich Trainer bin, oft die Frage gestellt bekommen „und womit verdienst du dein Geld?“. So geht es vielen Trainern. Wir müssen die Aufgaben des Trainers besser definieren und in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Außerdem müssen wir gemeinsam mit Bund und Länder noch mehr hauptamtliche Trainer finanzieren.
NLST: Ab März 2021 wird es vom BMKÖS ein Gender Trainee Programm für Frauen geben. Wie wird dieses Trainee Programm ablaufen, welche Ziele werden verfolgt? Trattner: Mit diesem Programm möchten wir das Berufsfeld Trainer festigen. Es ist langfristig auf 4 Jahre angelegt, damit die jungen Frauen im Trainerjob über einen längeren Zeitraum finanziell abgesichert sind. Außerdem müssen wir Frauen im Spitzen- bzw. Nachwuchsleistungssport deutlich mehr fördern. Aktuell gibt es nur zwei Frauen, die einen Cheftrainerposten bei einem Nationalen Verband haben. Dies sind Irene Fuhrmann (Frauen Fußball Nationalmannschaft) und Yvonne Bönisch (Judo Nationalteam). Zudem ist es besonders für unsere Athletinnen wichtig, dass mehr Trainerinnen im Sport aktiv sind. Damit wird sich der Umgang in den Teams verbessern, Athletinnen brauchen die Trainerinnen als Ansprechpartner. Frauen sind da oft einfühlsamer als Männer!
NLST: Wir sehen für uns vor Ort die Zusammenarbeit mit den Verbänden und dem Institut für Sportwissenschaft/Olympiazentrum als wichtige Säulen in diesem Trainee Programm. Wo sehen Sie die inhaltlichen Schwerpunkte bei diesem Projekt? Trattner: Beginnend mit einem 1. Lernjahr unter Leitung eines erfahrenen Trainers, soll die Trainee im zweiten und dritten Jahr mehr Aufgaben selbstständig übernehmen. Im 4. Trainee Jahr besteht ein direkter Kontakt zum Verband, wovon auch die Verbände sehr profitieren werden, da sie damit eine Trainerstelle mehr zur Verfügung haben. Prinzipiell ist dieses Programm auf drei Ausbildungsschwerpunkten ausgelegt für jeweils eine sich die Trainee entscheiden muss. Diese sind die Bereiche Sportadministration, Sportwissenschaft mit sportartspezifischem Bezug und Sportwissenschaft mit athletischem, diagnostischem Bezug.
NLST: Seit einem Jahr bieten wir den Abschlussklassen der Leistungssportschulen, in Zusammenarbeit mit der BSPA Innsbruck, aufgrund ihres Sportkundewissens eine verkürzte Instructor Ausbildung an. Damit stehen junge Trainer/innen für weitere Aufgaben in den Sportarten und deren Vereine zur Verfügung. Wie schätzen sie die Trainerausbildung in Österreich ein? Wo gibt es Potenzial? Trattner: Prinzipiell schätze ich die Ausbildung der Verbände und der Bundessportakademien (BSPA) als gut ein. Natürlich müssen die Ausbildungsstandards ständig aktualisiert werden. Wichtig aus meiner Sicht ist auch, dass nicht nur Ausbildungen stattfinden, sondern dass die ausgebildeten Trainer/innen dann auch im österreichischen Sport arbeiten. Die Drop Out Quote bei Trainern müssen wir mehr hinterfragen und darauf reagieren, sei es in der Ausbildung oder im Berufsfeld Trainer. Die Ausbildungsqualität muss passend zu den Anforderungen im Trainerjob sein. Den Ausbildungsbereich Sportpädagogik sehe ich in manchen Feldern zu wenig berücksichtigt, besonders für Trainer/innen im Nachwuchsbereich ist dies aus meiner Sicht eine wichtige Kompetenz.
NLST: Sie waren selbst einmal als Trainer tätig. Was macht aus ihrer Sicht den Reiz am Trainerjob aus, speziell im Nachwuchsbereich? Trattner: Als Nachwuchstrainer ist man ja mehr als nur ein Trainer der schaut, dass man schneller und besser wird. Der Nachwuchstrainer ist Mentor und besonders auch Pädagoge. Deshalb finde ich dies für die Trainerausbildung so wichtig. Die Trainer/innen geben den jungen Athleten/innen für ihre Zukunft viel mit, auch außerhalb des Sports. Es wird auch nicht jeder Leistungssportler oder später dann Weltmeister. Die Arbeit ist für unsere Gesellschaft extrem wichtig. Alle erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sind für die persönliche Entwicklung junger Menschen wichtig – jedes Mosaikteilchen spielt da eine Rolle.
NLST: Im Bereich der Nachwuchsgewinnung spielt der Trainer eine wichtige Rolle, wenn nicht die wichtigste Rolle! Er prägt, begeistert und muss auch die Eltern überzeugen. Wäre es im Nachwuchsbereich nicht sinnvoll mehr Landestrainer anzustellen, die mit den Vereinen vor Ort zusammenarbeiten und unterstützen? Trattner: Dies wäre sicher sinnvoll, ist aber leider eine Frage der Finanzierungsmöglichkeiten. Ein Trainer in diesem Bereich agiert als Scout der möglichst viele sportbegeisterte Kinder zu sich in den Verein holt. Wir haben hier auch viele ältere Trainer, die ganz junge Trainer an die Hand nehmen und in die Arbeit im Verein einführen – so profitieren beide davon. Auch hier müssen wir uns in Zukunft auf neue Herausforderungen einstellen. Aufgrund der Digitalisierung und Umständen in unserer Gesellschaft ist es kaum noch möglich, dass kleine Kinder allein draußen spielen und auf Bäume klettern oder zum Fußballspielen gehen. Damit werden wir grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten auch vermehrt im Vereinssport ausbilden müssen, auf die früher schon zurückgegriffen werden konnten. Auch den Kindergärten und Volksschulen kommt hier eine wichtige Rolle zu. Da sind Landestrainer ein möglicher Ansatz. Wobei ich die kleinste Zelle im Sport – den Verein da als wichtigstes Element in der Förderstruktur sehe – diese müssen wir weiter unterstützen und stärken!
NLST: Welche 3 Wünsche haben Sie für die Bedeutung des Trainers im österreichischen Sport für die Zukunft? Trattner: Mehr Anerkennung in der Gesellschaft, gerechte finanzielle Absicherung und eine bessere pädagogische Ausbildung.
Das Gespräch führte Benjamin Lachmann